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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783813503685
Sprache: Deutsch
Umfang: 368 S.
Format (T/L/B): 3.5 x 22 x 14.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

England im 19. Jahrhundert mit Jane-Austen-Atmosphäre Der Roman 'Das Mädchen mit dem Perlenohrring ' machte Tracy Chevalier weltberühmt. Ein Millionenpublikum kennt die Geschichte der kleinen Magd, die Vermeer in seinem berühmten Gemälde verewigt hat. In ihrem neuen Roman, der an Jane Austen erinnert, setzt die Autorin zwei Frauen ein literarisches Denkmal, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts die männlich beherrschte Welt der Naturforscher herausforderten. Elizabeth Philpot ist eine junge Frau aus besseren Kreisen, deren Familienerbe nicht zu einem standesgemäßen Leben in London reicht. Daher zieht sie 1830 in den kleinen südenglischen Küstenort Lyme Regis. Was ihr zunächst wie eine Verbannung vorkommt, erweist sich als glückliche Fügung, denn am Strand nehmen seltsame Steine sie völlig gefangen: Fossilien. Sie begegnet Mary, einem Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen, das die Familie mit dem Verkauf von Fossilien über Wasser hält und dabei spektakuläre Versteinerungen findet. Die beiden ungleichen Frauen freunden sich an. Doch dann verlieben sich beide in denselben Mann.

Autorenportrait

Tracy Chevalier, 1962 in Washington D.C. geboren, zog 1984 nach England. In London arbeitete sie zuerst als Lektorin, begann dann aber zu schreiben. Ihr Roman 'Das Mädchen mit dem Perlenohrring' wurde ein internationaler Bestseller, dessen Verfilmung dreimal für den Oscar nominiert war. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in London.

Leseprobe

Den Blitzschlag habe ich in meinem Leben immer wieder gespürt, in Wirklichkeit getroffen hat er mich aber nur einmal. Eigentlich sollte ich mich nicht daran erinnern können, ich war schließlich fast noch ein Baby, aber ich erinnere mich. Ich saß auf einem Feld. Pferde waren da und Reiter, die Kunststücke vorführten. Plötzlich zog ein Gewitter auf. Eine Frau, es war nicht Mam, nahm mich hoch und trug mich unter einen Baum. Als sie mich fest an sich drückte, schaute ich auf und sah ein Muster aus schwarzen Blättern vor weißem Himmel. Und dann war da plötzlich Krach, als würden alle Bäume umstürzen, und ein sehr helles Licht, wie wenn man in die Sonne blickt. Etwas durchzuckte mich, sirrend und heiß, als hätte ich ein glühendes Kohlenstück angelangt. Ich roch verbranntes Fleisch und spürte, dass da Schmerz sein musste, aber mir tat nichts weh. Mir war nur, als hätte man mein Inneres nach außen gestülpt. Dann begannen sie an mir herumzuzerren. Ich hörte Geschrei, konnte aber selbst keinen Ton von mir geben. Man trug mich irgendwo hin, und Wärme umhüllte mich, nicht von einer Decke, sondern feuchte Wärme. Es war Wasser, und Wasser kannte ich, denn unser Haus stand nah am Meer, ich konnte es vom Fenster aus sehen. Ich schlug die Augen wieder auf, und mir ist, als hätte ich sie seither nie mehr geschlossen. Der Blitz tötete die Frau, die mich hielt, und die beiden Mädchen daneben; doch ich hab ihn überlebt. Es heißt, vor dem Gewitter wär ich ein stilles, ständig kränkelndes Kind gewesen, aber danach hätte ich mich zu einem gesunden und quicklebendigen Mädchen entwickelt. Ob das stimmt, kann ich nicht sagen, doch ich spüre die Erinnerung an diesen Blitzschlag immer noch. Wenn mich etwas besonders bewegt oder erregt, durchfährt er mich wie ein Schauder. Ich hab ihn gespürt, als Joe den ersten Krokodilkopf fand und ihn mir zeigte; und als ich dann selbst den Körper dazu entdeckte, hab ich ihn wieder gespürt. Der Blitz kam auch, als ich andere Riesenbestien auf dem Strand fand und als mir zum ersten Mal Colonel Birch begegnete. Oft spüre ich den Blitz und weiß nicht, warum er da ist. Manchmal verstehe ich ihn nicht, doch ich höre auf das, was er mir sagt, denn der Blitz ist in mir, und ich bin der Blitz. Er ist in mich gefahren, als ich ein Baby war, und hat mich seither nie mehr verlassen. Jedes Mal, wenn ich ein Fossil finde, fühle ich das Echo des Blitzschlags in mir, dieses leise Sirren, das mir sagt: 'Ja, Mary Anning, du bist anders als alle Steine am Strand.' Darum bin ich Fossilienjägerin geworden: Ich will den Blitzschlag spüren und dieses Anderssein. Jeden Tag will ich es spüren. Schmutzig, mysteriös und nicht Mary Anning führt mit den Augen. Gleich bei unserer ersten Begegnung fiel mir das auf, obwohl sie damals noch ein Mädchen war. Ihre knopfbraunen, hellwachen Augen scheinen, typisch für eine Fossilienjägerin, ständig nach etwas zu suchen, selbst dort, wo es wirklich nichts Interessantes zu finden gibt, auf der Straße etwa oder im Haus. Wegen dieser Angewohnheit wirkt sie sogar dann lebendig und voller Energie, wenn sie sich völlig ruhig verhält. Meine Schwestern behaupten, ich sei genauso, mein Blick schweife ständig suchend umher, statt stetig und fest zu sein. Nur, dass sie das nicht als Kompliment meinen, wie ich bei Mary. Ich beobachte seit Langem, dass Menschen meist mit einer besonderen Eigenheit des Gesichts oder des Körpers führen. Bei meinem Bruder John zum Beispiel sind es die Augenbrauen. Zum einen natürlich, weil sie ihm in markanten Büscheln über den Augen stehen, aber auch, weil sie der Teil seines Gesichts sind, der am häufigsten in Bewegung ist. Bei John scheinen die Augenbrauen den Gedanken zu folgen, unter denen sich die Stirn in Falten legt und wieder glättet. Nach Louise ist er das zweitälteste der Philpotkinder, und da er der einzige Sohn blieb, musste er nach dem Tod unserer Eltern die Verantwortung für vier Schwestern übernehmen, eine Pflicht, die einem leicht in die Augenbrauen steigen ka Leseprobe